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Wenn meine Mutter einmal im Jahr die drei Brüder meines Vaters zu uns nach Hause einlud, war das für mich eine hochspannende Zeit. Vier alte Herren – so erschienen sie mir als Kind – saßen zusammen und lachten. Erzählten Geschichten. Amüsierten sich über Anekdoten. Erinnerten sich an alte Zeiten.
Bei diesen Treffen hörte ich zum ersten Mal von Pankow und Reuthen. Vom Chef und der Baronin. Von den Kindertagen der Jungs, die in ihren Erzählungen ein Paradies heraufbeschworen zwischen Streichen, unbeschwerter Kindheit in den Wäldern und auf dem Gut. Ich hörte von heimlichen Jagden und Verkäufen, bis einmal der Vater das eigene Wild angeboten bekam. Vom Urgroßvater, der die Berliner Börsenzeitung gründete und sich adoptieren ließ, um einen adligen Namen zu erwerben. Der in Berlin einen Park besaß und eine große Münzsammlung hatte. Und ich lauschte mit großen Ohren und leuchtenden Augen und stellte mir all das vor, die Menschen und die Plätze, die ich wohl nie sehen würde, denn sie waren verloren. Eines Tages, nahm ich mir schon damals vor, eines Tages möchtest Du einmal mehr darüber wissen und es aufschreiben. Eines Tages...

So vergingen die Jahre wie im Fluge, mein spannendes Leben bescherte mir so viele Erfahrungen, Reisen, Arbeit, Erfüllung, Herausforderung, Befriedigung, Unzufriedenheit, Menschen, Orte, Lernen, Weitergeben und dann die große Liebe. Und diese so spät, daß wir es gerade noch schafften, ein wunderbares rothaariges wildes kleines Mädchen in die Welt zu setzen. Und plötzlich dachte ich wieder an die Familie. An die alten, archaischen Bindungen, die in uns stecken. Daran, an die Kinder etwas weiterzugeben von sich selbst und von den Altvorderen, nicht nur ein paar Lebens- und Todesdaten nebst vergilbten Photos von Menschen, die niemand mehr kennt, nicht nur ein paar Geschichten, dunkel erinnert und unvollständig erzählt. Und die Lebenden wieder zusammenzubringen, die untersten Horizontalen im Stammbaum aus diesem herauszulösen und die echten Menschen dahinter anzusehen und zu erleben.

Ende 2003 begann ich mit der Arbeit. Ein paar Photos, den Ahnenpaß meines Vaters, der bis ins 17. Jahrhundert reicht, die wunderbar geschriebenen Erinnerungen meiner Großmutter Maxe, die alten Erzählungen im Ohr, mehr hatte ich nicht zu Beginn. Fast alle Dokumente, Photos, Gemälde, Briefe, Erinnerungen gingen im 2. Weltkrieg verloren.
Heute füllen meine Quellen fast 30 Ordner, und ich habe annähernd 3.000 historische Bilder und ungefähr 22 Stunden aufgezeichnete Gespräche mit Zeitzeugen. Und bin noch ganz am Anfang.

Ein Teil der Familienchronik aber ist fertig, und das ist die Geschichte des Bürgerparks in Berlin-Pankow (natürlich kann man mit einer wahren Geschichte kein Ende erreichen, aber bis zum Jahre 2007 ist sie erzählt, und alles weitere, ob es nun die Vergangenheit oder die Zukunft betrifft, wird auf dieser Homepage ergänzt).
Mein Urgroßvater hat ihn gegründet, und eigentlich war die Geschichte des Parks als Exkurs zur Familienchronik gedacht. Dann jedoch fand ich so viel darüber, daß sich daraus eine eigenständige Geschichte entwickelte, losgelöst vom Familienthema.
Und als wir Mitte 2006 im Pankower Museum zusammensaßen, da fiel uns auf, der der Park im Jahre 2007 ja seinen 100. Geburtstag als Bürgerpark feiern würde. Und daß das eine Ausstellung wert sei. So machte ich mich unter einem extrem engen Zeitrahmen an die Arbeit.
Es entstand die Ausstellung für den Museumsverbund Pankow, die von Juli 2007 bis Januar 2008 in der Heynstraße gezeigt wird, und als Quintessenz meiner dreijährigen Forschungsarbeit ein mit über 350 Abbildungen reich bebildertes 256 Seiten starkes Buch.

200 Jahre Parkgeschichte werden hier lebendig. Von den Schicksalen der Mühlenbesitzer bis zu den Veränderungen nach dem Mauerbau, von der “Verwahrlosung der Schuljugend” in den 1920er Jahren bis zur Frage, warum gerade Bergziegen das Gehege mit der seltsam geformten Kiesfläche bevölkern. Die Vielschichtigkeit dieses Themas ist verblüffend. Landschaftsgärtnerische Prinzipien werden lebendig, drei Gestaltungsphasen hat der Park bereits erfahren. Durch sein großes Gartenlokal, das gleich 1907 im ehemaligen Obergärtnerhaus entstand, war der Park in der Lage, sich finanziell selbst zu tragen. Ein Sonnenbad verärgerte die Friedhofbesucher. Die ersten drei Ausarbeitungen eines gigantischen Thälmann-Denkmals entstanden hier. Dies sind nur einige wenige der vielen Aspekte, die dem neugierigen Geist Vergnügen bereiten werden.
Hunderte von Quellen, mehr als 1.000 historische Fotografien, Berichte persönlicher Erlebnisse wurden ausgewertet und in Beziehung zueinander gestellt. Ein besonderer Schatz kam aus Australien: Hier haben sich über die Zeit die wohl einzigen heute noch erhaltenen Bilder des Parks aus der Zeit vor 1865 gefunden, ein ausgewanderter Sohn des Parkbegründers nahm sie 1886 mit sich, kein Weltkrieg hat sie berührt.
Der Pankow-Kenner wird viele neue Erkenntnisse gewinnen, der “Parkneuling” ein spannendes Stück Geschichte erleben.

Diese Internetseiten sollen einen kurzen Abriß der Parkgeschichte aufzeigen und in Zukunft als Ergänzung zum Buch fungieren. Das Leben geht weiter und mit ihm die Parkgeschichte. Und ich hoffe, daß auch rückwirkend neue Erkenntnisse und spannende Photos die Historie weiter beleuchten. Die Diskussion über das, was jetzt festgehalten ist, wird neue Aspekte hervorbringen, und darüber würde ich mich natürlich ganz besonders freuen. Über Ihre vielleicht beim Lesen wieder neu erwachten Erinnerungen, über Ihre Theorien und Ideen, Ihre Eindrücke und Gedanken, Ihr zusätzliches Wissen und Besserwissen, vielleicht ein paar Photos (die Sie nicht aus der Hand zu geben brauchen!). Bitte melden Sie sich!

Astrid von Killisch-Horn